|
|
|
|
|
|
|
Brahms-Portrait |
|
|
|
Impulse in Winsen, Seite 2 |
|
von Martin Teske |
|
|
|
In Hamburg herrscht die Cholera, im übrigen Deutschland
muckt die Revolution 1848/49, in Frankfurt finden Straßenkämpfe
statt.
Brahms übernimmt das politische Desinteresse des Bürgertums
in dieser Zeit, widmet seinem "großmächtigsten, allergnädigsten
Kaiser und Herrn" ein Triumphlied. |
|
|
Deutschland hat zu dieser Zeit gar keinen Kaiser,
aber Brahms sehnt sich nach einem. Das Triumphlied hat er in Ermangelung
eines deutschen auf den österreichischen Kaiser geschrieben! |
|
Eduard Marxsen |
Die Landluft tut dem Jungen gut, die Nähe zu
Elise, ein Jahr jünger
als Johannes, ebenfalls. Zwischen beiden entwickelt sich eine innige
Freundschaft. Gemeinsam erkunden sie die Landschaft. Brahms
"erlebte hier, mit Staunen, Glückseligkeit und tiefem Aufatmen,
Natur als Ganzes, als tragendes Element des Lebens. Sie blieb von da an
untrennbar von seiner Lebens- und Schaffensweise und wurde der
spürbare Hintergrund vieler seiner Werke", schreibt Brahms-Biographin
Karla Höcker. |
|
Trotz der Ausflüge findet Brahms genügend
Zeit, sich musikalisch
auszuformen. Er hat eine stumme Klaviatur dabei und übt täglich
darauf.
Einmal in der Woche fährt er weiterhin nach Hamburg, um sich bei
seinem Lehrer Eduard Marxen fortzubilden, und was er dort lernt,
gibt er sogleich an Elise weiter. |
|
Der Winsener Papierfabrikant hat offenbar einen Narren
an seinem musikalischen
Gast gefressen, er ermöglicht ihm und seiner Tochter den Besuch
von Theater
und Oper in Hamburg. In Winsen stöbert Johannes in der Bibliothek
des Superintendenten Karl Heinrich Wilhelm Krause. Er vertieft sich in
die mittelalterliche
Geschichte von der schönen Magelone, einer neapolitanischen Königstochter
in einem Heldenroman des 16. Jahrhunderts, auf die er 1861 die ersten
vier seiner Lieder schreiben soll. |
|
|
In der Stadt spricht sich das wundersame Talent des
jungen Brahms schnell herum. Amtsvogt Conrad Heinrich Blume lädt
ihn zum
gemeinsamen Musizieren ein, auf einem Ausflug nach Hoopte dirigiert
er den dortigen Männerchor. Schon wählt ihn der Männergesangverein
in Winsen zu seinem Dirigenten. An den Sonnabendabenden wird geübt,
und ab und zu schreibt der junge Brahms eigens für diesen Chor
Sätze nach eigenen Ideen. Er verabschiedet sich mit einem klingenden
Geschenk, dem Satz "Abschied von Winsen", als er 1848 in
Winsen seine Partituren zusammenpackt und nach Hamburg zieht. |
|
|
Er, der nur eine bescheidene Schulbildung besitzt,
stürzt sich nun auf die
romantische Literatur. Novalis, Brentano, E.T.A. Hoffmann, Jean Paul sind seine
Idole, und diese romantische Linie schlägt sich auch in
seinen ersten Kompositionen nieder. |
|
|
Zeit seines Lebens hat die Literatur Brahms nicht
mehr losgelassen. Als seine Privatbibliothek vom
Nachlaßverwalter inventarisiert wird, stehen die Werke von Goethe, Lessing,
Lichtenberg, Cervantes, Boccaccio, Shakespeare, Tieck, Byron
und Keller in den Regalen, dazu Sammlungen von Bismarck-Briefen. |
|
|
1849 lernt Brahms den ungarischen Geiger Eduard Reményi
kennen.
Er hat inzwischen ein respektables Repertoire an eigenen Kompositionen
geschaffen und beschließt, mit dem neuen Freund auf Tournee zu gehen. |
König Georg V. von Hannover |
|
Sie startet 1853 in Winsen und führt über
Lüneburg, Uelzen und Celle
nach Hannover, wo der Pianist und der Geiger sogar vor dem blinden
König
Georg V. von Hannover spielen dürfen.
In Hannover lernt Brahms den berühmten Geiger Joseph Joachim kennen,
und aus diesem Treffen wird eine lebenslange Freundschaft. |
|
Die Wege von Brahms und Reményi trennen sich
in Weimar.
Brahms ist enttäuscht von seinem treulosen Partner, klammert sich
um so fester
an Joseph Joachim, dessen Frau ihm leid tut, als es zwischen den beiden
zur
Scheidung kommt. Frauen von Musikerkollegen haben's ihm angetan, nicht
zuletzt
Clara Schumann, die sich in der Pflege ihres schwermütig-kränkelnden
Mannes
verzehrt und nach dessen Tod sich so gefühlsmäßig auf
Brahms fixiert, daß dieser die Flucht ergreift.
In Hamburg taucht der Komponist, der inzwischen einen guten Namen hat,
nur noch selten auf, er geht nach Wien und wird da der große, gefeierte
Komponist. |
|
Geheiratet hat er nie. Einem Freunde gesteht er: "Ich
hab's versäumt. Als ich
wohl Lust dazu gehabt hätte, konnte ich es einer Frau nicht so
bieten, wie
es recht gewesen wäre. In der Zeit, in der ich am liebsten geheiratet
hätte,
wurden meine Sachen in den Konzertsälen ausgepfiffen oder wenigstens
mit
eisiger Kälte aufgenommen. Das konnte ich nun sehr gut ertragen,
denn ich wußte
genau, was sie wert waren und wie sich das Blatt schon noch wenden
würde...
Aber wenn ich in solchen Momenten vor die Frau hätte hintreten,
ihre fragenden
Augen ängstlich auf die meinen gerichtet sehen und ihr hätte
sagen müssen: Es war wieder nichts - das hätte ich nicht ertragen!" |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|