|
|
|
|
|
|
|
Brahms-Portrait |
|
|
|
Impulse in Winsen, Seite 3 |
|
von Martin Teske |
|
|
|
Zeit seines Lebens hat Brahms nicht vergessen, daß das
Publikum seine ersten Konzerte ausgepfiffen oder mit Schweigen quittiert
hatte.
Sein Freund Joseph Joachim hat ihm immer wieder Mut gemacht, hat auch
seine Werke korrigiert, beurteilt und Konzerthäusern angedient.
Aber erst als der berühmte Franz Liszt den jungen Komponisten
bei Konzertkritikern ins Gespräch bringt, nimmt das Publikum Brahms
und seine so ganz andere Musik ernst. |
|
|
Franz Liszt |
Als ihm Joachim in einem Brief die bevorstehende Scheidung
von seiner Frau Amalie mitteilt, bekommt
die Freundschaft zwischen den beiden Musikern einen Riß. Brahms
antwortet auf den Brief: "Er hat mich ernstlich traurig gemacht und kommt nur oft und schwer
genug in die Gedanken. Allein
gewiß kommen zwei Menschen leichter auseinander als wieder zusammen,
wie man auch wohl den
Verstand leichter verliert als wiederkriegt..."
An Amalie schreibt Brahms in einem Brief von einer "unglücklichen
Charaktereigenschaft, mit der Joachim
sich und andere unverantwortlich quält." Besondere Tragik:
Die Frau legt diesen Brief, der die beiden doch
eigentlich wieder zusammenbringen sollte, dem Gericht als Belastungsmaterial
gegen ihren Mann vor. |
|
Auf einer Rheinwanderung lernt Brahms das Werk Robert
Schumanns kennen, sucht diesen begnadeten
Komponisten in Düsseldorf auf.
Nach dieser Begegnung schreibt Brahms an Joachim: "Soll ich in
Lobpreisungen seines Genies und
seines Charakters ausbrechen?!" |
|
Schumann schreibt an die Musikverleger Breitkopf und
Härtel: "Es ist hier ein junger Mann erschienen,
der uns mit seiner wunderbaren Musik auf das allertiefste ergriffen
hat und - da bin ich überzeugt - die
größte Bewegung in der musikalischen Welt hervorrufen wird." |
|
|
In der "Neuen Zeitschrift für Musik" formuliert
Schumann den berühmtesten Brahms-Artikel aller Zeiten. Er wartet
auf einen neuen Genius und schreibt: "Und er ist gekommen, ein
junges Blut, an dessen Wiege Grazie und Helden Wache hielten. Er heißt
Johannes Brahms, kam von Hamburg, dort in dunkler Stille schaffend,
aber von einem trefflichen und begeistert zutragenden Lehrer gebildet
in schwierigsten Satzungen, der Kunst, nur kurz vorher von einem verehrten
bekannten Meister empfohlen. Er trug, auch im Äußeren, alle
Anzeigen an sich, die uns ankündigen: Das ist ein Berufener!" Nun
spricht alle Welt von dem jungen Talent. |
|
|
Brahms aber denkt nicht nur an den Erfolg und
die Herausgabe seiner Werke, er denkt von Tag zu Tag mehr an die
Frau des neuen Freundes, an Clara Schumann, widmet ihr noch im
Jahr 1853 ein Werk, die Sonate in fis-Moll. |
Robert und Clara
Schumann |
|
Clara ist 34 Jahre alt, als Brahms sie kennenlernt.
Die Geburt von sechs Kinder scheint an ihrer mädchenhaften
Gestalt spurlos vorübergegangen zu sein. Aber die Krankheit
ihres Mannes macht ihr zu schaffen. Johannes Brahms leidet mit.
In einem Wahnsinnsanfall hatte sich Robert Schumann am 27. Februar
1854 in den Rhein gestürzt. Brahms reist von Berlin aus spontan
nach Düsseldorf zurück, um der Freundin beizustehen. |
|
"Frau Schumann leidet furchtbar", schreibt
er. Sie ist abermals schwanger, bringt am 11. Juni 1854 ihr siebentes
Kind zur Welt. Ihr Mann Robert ist in einer Nervenheilanstalt.
Als Clara zu einer Kur fährt und Brahms eine Nervenheilanstalt
für ihren Mann sucht, wird der Briefwechsel zwischen den beiden
geradezu herzlich, wie die Anreden zeigen: "Verehrte Frau", "Teuerste
Freundin", "Geliebteste Freundin", "Innigst
geliebteste Freundin", "Geliebte Frau Clara", "liebe
Clara". Clara, selbst begabte Konzertpianistin, reist nach
Rotterdam und Amsterdam zu Konzerten. |
|
|
Brahms schreibt ihr hinterher, ist
selbst viel unterwegs. "Jedes Wort reut mich, das ich an Sie
schreibe und das nicht von Liebe spricht", schreibt er ihr
von Düsseldorf aus, wirbt geradezu um sie, bittet um ein Hutband
oder ein anderes Kleidungsstück. "Meine geliebte Clara,
ich möchte, ich könnte Dir so zärtlich schreiben,
wie ich Dich liebe, und so viel Liebes und Gutes tun, wie ich Dir's
wünsche." Er schreibt von Küssen und Liebkosungen,
von Umarmungen und anderen Sehnsüchten. |
|
|
Als Schumann Ende 1856 in einer Heilanstalt
stirbt, dreht sich das Verhältnis um: Aus dem Werbenden wird
der Umworbene. Brahms flüchtet in die Unabhängigkeit,
seine Briefe werden neutraler, geradezu frostig. Er schreibt ein
Lied vom Winter, das seine Beziehungen zu Clara charakterisiert: "Mir
ist leide, daß der Winter Beide, Wald und auch die Heide,
hat gemachet kahl." |
|
|
In einem Brief an Clara entschuldigt
er sich geradezu für frühere Leidenschaft: "Leidenschaften
gehören nicht zum Menschen als etwas Natürliches. Sie
sind immer Ausnahme oder Auswüchse. Bei wem sie das Maß überschreiten,
der muß sich als Kranken betrachten und durch Arznei für
sein Leben und seine Gesundheit sorgen." Diese Zeilen schreibt
er 1857 aus Detmold, wo Brahms der Prinzessin Friedrike Klavierunterricht
gibt. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|